Bildnisveröffentlichung im Online-Archiv einer Zeitung

Wird ein Zeitungsartikel im Online-Archiv der Zeitung dauerhaft eingestellt, ist zu beachten, dass eine spätere Änderung der berichteten Sachlage eine Ergänzung des Artikels notwendig machen kann - dies vor allem bei persönlichkeitsrechtlich kritischen Berichten.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung vom 17.02.2015, 4 Ob 187/14z – Online-Archiv II (MR 2015 (Heft 2), Seite 76), mit einem solchen Fall zu befassen: In dem Zeitungsartikel war über den ersten Prozesstag im Gerichtsverfahren gegen den Kläger, der des Mordversuchs angeklagt war, identifizierend und mit Bild berichtet worden. Das im Zeitungsartikel veröffentlichte Lichtbild zeigt den Kläger im Gerichtssaal in Handschellen anlässlich seiner Vorführung durch zwei Exekutivbeamte. Der Zeitungsartikel wurde samt dem Bild ins Online-Archiv gestellt. Der Angeklagte wurde am Tag nach dem Erscheinen des Artikels freigesprochen und klagte auf Unterlassung der Veröffentlichung des Lichtbilds im Onlinearchiv in identifizierender Form.
Der OGH ging davon aus, dass die identifizierende Bildberichterstattung im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels zulässig war (Wertungen des § 7a MedienG). Das Bereithalten des Artikels im Onlinearchiv stellt aber eine fortdauernde Veröffentlichung dar. Diese sei im konkreten Fall über das Ende des Strafverfahrens hinaus nur dann gerechtfertigt, wenn zugleich und räumlich verbunden im Onlinearchiv auf den Freispruch von der Mordanklage hingewiesen wird. 

Für die Medien ergibt sich daraus die Anforderung, bei identifizierenden Onlineberichten über ein Strafverfahren eine allfällige Änderung der Sachlage durch den Abschluss des Verfahrens zu berücksichtigen, falls sich daraus die Unzulässigkeit der Identifizierung ergibt. Die zutreffende Darstellung eines historischen Sachverhalts soll damit nicht eingeschränkt werden.